Empfehlungen zum Umgang mit Abgeordneten der AfD bei schulischen Veranstaltungen

Juni 2025

An den Verein Bildungseinrichtungen gegen Rechtsextremismus wurde die Frage herangetragen, ob bei Veranstaltungen mit Abgeordneten der demokratischen Parteien an der Schule auch AfD-Abgeordnete eingeladen werden sollten. Um der zugrunde liegenden Unsicherheit entgegenzuwirken, geben wir nachfolgend unsere Empfehlung ab.

Als Gründe, dass eine Einladung erfolgen sollte, werden u.a. genannt:

  1. die Abgeordneten seien demokratisch gewählt,
  2. die Schule müsse sich a) parteipolitisch neutral verhalten und b) alle Parteien gleichbehandeln.
  3. die AfD sei als Partei a) nicht verboten, sowie b) deren Abgeordnete könnten eine Einladung einfordern.
  4. Schüler: innen sollten sich mit Abgeordneten aller Parteien auseinandersetzen können.

Diese Begründungen sind auf ihre Berechtigung hin zu prüfen:

  1. Ist eine unstrittige Feststellung.
  2. a) ist unvollständig, da der Bildungsauftrag und die ihm innwohnenden Werte maßgeblich sind. b) Eine Gleichbehandlung der Parteien kommt dann zum Tragen, wenn sie in ihren Grundwerten gleich sind: Bejahung der Grund- und Menschenrechte und des Rechtstaats im Grundgesetz und in den Landesverfassungen. Das trifft bei der AfD nicht zu.
  3. a) ist unstrittig, zu b) gibt es keine Rechtsgrundlage.
  4.  ist korrekt, wobei die Auseinandersetzung aber keiner Veranstaltung in der Schule bedarf. Dazu bietet sich das jeweilige Parlament auf regionaler Ebene, auf Landes- oder Bundesebene an.

Den Kern des Bildungsauftrags bilden die Menschenrechte. So heißt es beispielsweise in der Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern, Artikel 15 (4):

Das Ziel der schulischen Erziehung ist die Entwicklung zur freien Persönlichkeit, die aus Ehrfurcht vor dem Leben und im Geiste der Toleranz bereit ist, Verantwortung für die Gemeinschaft mit anderen Menschen und Völkern sowie gegenüber künftigen Generationen zu tragen.

Und in der Verfassung des Landes Hessen wird in Artikel 56 formuliert:

Ziel der Erziehung ist, den jungen Menschen zur sittlichen Persönlichkeit zu bilden, seine berufliche Tüchtigkeit und die politische Verantwortung vorzubereiten zum selbständigen und verantwortlichen Dienst am Volk und der Menschheit durch Ehrfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit.

Diese Werte sind gegen Relativierungen zu verteidigen, wie wir in unserem Positionspapier zum Neutralitätsgebot und Bildungsauftrag dargelegt haben. Das gilt für alle Lehrkräfte, sowohl für Angestellte als auch für Beamte. Explizit sind Letztere „gerade nicht zur Neutralität, sondern zum Bekenntnis und Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung verpflichtet“ – so das Kultusministerium Bayern (14.6.2024 https://www.br.de/nachrichten/bayern/kultusministerium-schulleiter-darf-vor-afd-warnen,UFfBBCt).

Die Schule ist ein Ort, an dem diese Werte präsent sind, welche die Schulgemeinschaft konstituieren und die Umsetzung des pädagogischen Auftrags erst ermöglichen. Waldorfschulen segregieren nicht nach Leistungskriterien, sie haben keine Versetzungsordnung und verfolgen ein Curriculum für alle Schüler:innen unterschiedlicher Begabungen von Kl. 1 bis 12 ganz unabhängig von ihrer Herkunft. Waldorfschulen sind menschenverbindend konzipiert, nur deshalb existieren sie auf allen Kontinenten.

Das pädagogische Grundkonzept der Waldorfschulen beruht auf der Grundlage von Demokratiebildung, Empathieschulung, Vielfalt, Toleranz, auf einem respektvollen Miteinander und findet im Unterricht wie im Schulleben statt.

Im Kontrast dazu sollen Kinder mit Einschränkungen diskriminiert und ausgeschlossen werden:19.4.2018, Ute Kirch, Empörung im Landtag. AfD vergleicht Förderschüler mit ansteckenden Patienten (https://www.saarbruecker-zeitung.de/ saarland/saar land/afd-vergleicht-foerderschueler-mit-ansteckenden-patienten_aid-17434503):

Saarbrücken · Mit Empörung und Entsetzen haben Interessenverbände von Menschen mit Behinderung auf die jüngsten Äußerungen des AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Josef Dörr, reagiert. Dieser hatte am Mittwoch während einer Debatte zum Thema Förderschulen zwischen „normalen“ und „kranken“ Kindern unterschieden. Konkret sagte er: „Was aber unter keinen Umständen geht, ist, dass in dem gleichen Krankenhaus oder der gleichen Abteilung dann auch Menschen sind mit übertragbaren Krankheiten, schweren ansteckenden Krankheiten. Das ist ein Bild. Aber in der Schule haben wir die gleiche Situation.“

Durch die Inklusion würden an Schulen „Kinder mit Downsyndrom unterrichtet (…) mit anderen Kindern, die ganz normal, gesund sind“. Der gemeinsame Unterricht könne auch mit „kranken“ Kindern funktionieren, sei aber bei Kindern mit sozial-emotionaler Beeinträchtigung nicht umsetzbar.

Eine rechtsextreme Partei wie die AfD verfolgt menschrechtsnegierende Ziele, die im Kontrast zum Grundgesetz stehen und zur rassistisch begründeten Gewaltanwendung aufruft, was im folgenden Beispiel durch die Äußerung des AfD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier im Deutschen Bundestag evident wird (Plenarprotokoll 20/134, Stenografischer Bericht der 134. Sitzung. 9. 11. 2023, S. 16865 f.):

Es wird immer klarer erkennbar, dass es in Zukunft nur zwei Optionen geben kann: entweder Chaos, Straßenschlachten und ethnische Konflikte im bunten Multikultistaat oder ein Deutschland als Land der Deutschen, als Ort von Freiheit, von Ordnung und von Normalität …. Die Losung der Stunde lautet: Remigration, und zwar millionenfache Remigration. (Beifall bei der AfD). … Mit uns wird es in Deutschland kein Kalifat geben, sondern eine rigorose Verabschiedungskultur. Denn Deutschland ist unser Land, und wir lassen es uns nicht wegnehmen. … (Beifall bei der AfD).

Einer Partei mit diesen Zielen sollte an keiner schulischen Institution, besonders nicht an Waldorfschulen, Raum gegeben werden.

Es gibt zu der Frage der (Nicht)Einladung auch gut begründete Gesichtspunkte von „Schule ohne Rassismus“ (https://www.schule-ohne-rassismus.org/wp-content/uploads/RechtsextremismusSchule_presse.pdf).

Aus den Ausführungen ergeben sich unsere Empfehlungen:

I. Keine Einladung von AfD-Abgeordneten oder Funktionären an die Schule, Anfragen zur Teilnahmen an Veranstaltungen in der Schule werden abgewiesen.

II. Wir dulden keine Rechtspopulist:innen in unseren Schulen und bieten ihnen keine Bühne zur Verbreitung ihrer politischen Einstellungen, die weder den Rechtsstaat noch das Verfassungsrecht respektieren.

III. Diese Entscheidung sollten in der Schulgemeinschaft, d.h. in Kollegium, Elternschaft und mit den Schüler:innen der höheren Klassen bei Bedarf transparent dargelegt, erörtert und debattiert werden. Daraus kann sich eine gemeinsame Position ergeben.